Zur Situation des Teemarktes in China
Die wirtschaftliche Situation in China ist nach wie vor im Wandel und einer rasanten Entwicklung unterworfen. Davon ist auch der Markt für Tee betroffen. Die Preise steigen Jahr für Jahr,bestimmte Sorten erliegen einer starken Preissteigerung; eher selten kann ein Preis auch mal sinken. Auch die Produktionsbedingungen und die Teeverarbeitung verändern sich.
Grundsätzlich ist China auf dem Weg weg vom Billiglohnland. Die Wirtschaft wächst beständig, die Entwicklung geht (zu) schnell vonstatten. Die Preise im Allgemeinen steigen, speziell die Lebensmittel- und Rohstoffpreise. Dazu steigen eben auch die Löhne, eine Tendenz, die eventuell noch zunehmen wird, weil die Regierung weniger vom Export abhängig werden und den Binnenkonsum stärken will. Auch die Ungleichheit wird ständig grösser, eine relativ grosse Mittelschicht entsteht bzw. wächst, hinzu kommen doch relativ viele Neureiche (v.a. Männer). Daneben besteht weiterhin ein riesiges Heer von billigen Wanderarbeitern, was zusammen mit der Landflucht und dem weiterhin bestehenden Wohnsitz-System soziales Konfliktpotenzial birgt. (Das Wohnsitz-System, chinesisch Hukou, funktioniert folgendermassen: Man ist dort registriert, wo man herkommt. Ein Wechsel dieser Registration an den Wohn- bzw. Arbeitsort z.B. in einer grossen Stadt ist fast unmöglich. Sozialversicherungen, Schule für die Kinder etc. sind aber alle an den registrierten Herkunftsort gebunden.)
Folgende Ursachen tragen zur Preissteigerung des Tees bei:
- Steigende Löhne generell, speziell für die Pflückerinnen, die saisonal angestellt werden und also genug verdienen müssen, um Anreize zu haben, von zuhause und der dortigen Arbeit wegzugehen. Wenn dies sich nicht lohnt, bleiben sie zuhause.
- Steigende Nachfrage nach Tee bzw. nach teurem Tee. Teuer impliziert gut und wertvoll (was aber qualitativ nicht unbedingt stimmt)
- Neureiche kaufen Spezialitäten zu Unpreisen aus Prestigegründen („Ich kann mir diesen oder jenen Tee exklusiv leisten“, Tee als Statussymbol). Ein Beispiel vom Frühling 2014: Ein Feng Huang Dan Cong von einem einzigen alten Teebaum wurde bereits vor der Ernte verkauft für 1‘000‘000 RMB pro 500g, also 150‘000 CHF.
- Verschiedene Firmen erschaffen eine edle, teure Marke. Unter solchen Marken können sich Tees zu extrem hohen Preisen verkaufen; oft sind die Tees aber qualitativ nicht wirklich gut oder sogar wirklich nicht gut.
- Die ersten Tees im Frühling sind immer sehr teuer. Die Erwartung, dass wie früher üblich nach den ersten Erntetagen bzw. -Wochen die Preise sinken hat sich in den letzten Jahren nicht erfüllt.
- Berühmte Tees oder berühmt gemachte Tees sind überproportional teuer geworden. Oft sind sie auch wirklich speziell gut, jedoch dienen sie ebenfalls als Statussymbol.
Dies ergibt dann die laufende Preisspirale. Wenn eine Firma unter einer neu kreierten Marke grosse Mengen Tee überteuert verkauft, ziehen andere nach. Der Preis ist also künstlich erhöht, die Nachfrage steigt ebenfalls, wodurch die nächste Ernte schon vor Pflückbeginn zum Teil extrem teurer geworden ist. 2014 war zum Beispiel die Nachfrage nach Weissen Tees dermassen hoch, dass schon Anfang März feststand, dass die Preise um 100 bis 150% steigen werden. Das führt dazu, dass versucht wird, die höchstmögliche Quantität zu produzieren, der Tee wird also schneller und weniger sorgfältig produziert. Die Weissen Tees von 2014 sind deshalb (fast) alle zu grün, das heisst vor allem zu kurz gewelkt und/oder zu schnell getrocknet. Dazu kommt, dass dadurch andere Tees aus der Region – in unserem Beispiel also Schwarze und Weisse Tees – weniger gemacht werden, was diese Tees wiederum knapp und somit teurer macht. Oder aber schon das Pflückgut ist teurer, weil auch Weisser Tee daraus gemacht werden könnte.
Speziell diskutieren muss man die Preise für Pu Er. Neben allen obengenannten Faktoren spielt hier auch noch Teekauf als Investition eine Rolle, weil Pu Er gelagert werden kann und durch die Lagerung an Wert gewinnt, also je älter desto teurer. Seit ca. 10 Jahren werden Jahr für Jahr Unmengen an Pu Er produziert und vorallem in Dongguan bei Guangzhou gelagert, um dann in einigen Jahren auf den Markt geworfen zu werden. Wieviel dabei Etikettenschwindel betrieben werden wird, ist natürlich unklar, aber es ist damit zu rechnen, dass verschiedene Qualitäten gemischt zu Cakes gepresst wurden, die dann als Top-Qualität aus alten Teebäumen und/oder von berühmten Teebergen verkauft werden.