Reisebericht: Anji 05.04.- 06.04.2013
Am 5. April war ich bereits morgens um 7.30 im Bus Richtung Anji. Das Wetter war wieder mal schlecht, es nieselte und war ziemlich kalt. Nach drei Stunden fahrt sind wir endlich angekommen. Neben dem Busbahnhof habe ich ein Hotel bezogen und dort auch gleich nach dem Teemarkt gefragt. Per Taxi bin ich dann dahin gefahren, erstaunt, wie weit draussen im Nichts dieser Teemarkt war, zwei riesige Hallen, aber nicht so, wie ich mir vorgestellt hatte: Dies hier war der Teemarkt für die Teebauern, die ihren Tee an die Grosshändler verkaufen; NICHT ein Haufen kleiner Teeläden. Ein Riesengewusel, tausende von Säcken mit gleich aussehendem Tee - An Ji Bai Cha, aber keine ersichtliche Gelegenheit zum Tee degustieren. Ich war nicht gerade in Laune, mir das anzutun und wusste auch nicht, was mir das bringen sollte. Mein Taxi war natürlich mittlerweile weg, andere sah ich keine. Also Autostopp. Wenn dann jemand anhalten würde...Schlussendlich hat ein Typ, der schon länger dagestanden hatte, mich gefragt, wo ich denn hinwolle. Eigentlich in die Stadt, zum Teemarkt (nach meiner Vorstellung). Wir sind ins Gespräch gekommen, somit auf Tee, und er hat mich dann zu seinem Schwager (oder so), der An Ji Bai Cha produziert, gefahren. Das war aber auch nur mässig interessant, so dass ich mich dann doch zum Teemarkt fahren liess - dort war es aber auch nicht wirklich spannend.
Also habe ich meinen Kontakt in Suzhou angerufen, damit er mir seinen Lieferanten hier in An Ji vermittelt. Dieser versprach, mich im Hotel abzuholen. Bis dahin bin ich noch etwas im regnerischen Anji herumgelatscht und habe eine Nudelsuppe gegessen. Kurz nach 8 Uhr wurde ich abgeholt. In der Teefabrik etwas ausserhalb von Anji war viel Tee zum Welken ausgelegt, der trotz des Regens im Verlaufe des Tages gepflückt wurde - dies würde dann Tee von weniger guter Qualität geben. Wir haben einige Tees degustiert, sogar einen Schwarztee aus den Teepflanzen der Varietät Bai Ye 1 Hao, die diese weisslichen Blätter haben und normalerweise zu An Ji Bai Cha verarbeitet werden. Sehr interessant und angenehm.
Am 6. April wurde ich um 8 Uhr abgeholt. Es regnete nicht mehr, bei Temperaturen um 9 Grad. Nachdem wir in der Teefabrik nochmal einige Tees degustiert haben, sind wir dann zu einem der Teeberge gefahren, um die Teepflanzen und das Terroir anzusehen. Die hiesiegen Teepflanzen, Bai Ye 1 Hao, sind wirklich interessant: Die alten Blätter sind erstaunlich gross, die frischen Blätter sind fast ganz weiss, nur sehr leicht durchscheinend hellgrün. Zudem sind sie ziemlich ledrig, eine Handvoll gepflückter Blätter fühlt sich viel weniger weich und sanft an als solche von anderen Varietäten. Wir haben auch Teepflanzen der Varietät Long Jing Nr. 43 gesehen, die hier zu An Ji Bai Pian verarbeitet werden (gleiche Verarbeitung wie An Ji Ba Cha, aber andere Teepflanze). Nach dem Mittagessen haben sie in der Teefabrik endlich begonnen, die gewelkten Blätter zu verarbeiten. Bei Regen gepflückter Tee muss viel länger gewelkt werden, weil die Battfeuchtgkeit viel höher ist. Die Verarbeitung zu An Ji Bai Cha ist erstaunlich einfach: Das Blattgut wird Portionsweise in eine beheizte Schüttelmaschine gestreut, die aus aneinandergereiten Halbrohren besteht. Durch die Hitze (ca. 300 Grad) werden die Blattenzyme deaktiviert, mit der Schüttelbewegung wird einerseits ein Anbrennen der Blätter verhindert, andererseits werden diese so zu Nadeln geformt. Danach wird das Blattgut in zwei Durchgängen getrocknet und aussortiert - fertig. Natürlich habe ich auch diesen Regentee degustiert und auch ein Muster erbeten, um den Regengeschmack zu lernen und als Fehler in Zukunft erkennen zu können. Am späteren nachmittag bin ich dann nach Hangzhou gefahren worden, von einem Bekannten eines Freundes des Fabrikmanagers, der sowieso nach Hangzhou musste. (Obwohl ich bereits ein Busticket gekauft hatte...aber es war gerade einfacher so.)