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Reisebericht: Guangzhou, 12.-13. April 2016

Säulen von Qian Liang Cha (mannshoch!) und Bai Liang Cha im LadeneingangKurz nach Mitternacht, also bereits am 12. April, bin ich in meinem Hotel in Guangzhou angekommen. Für den folgenden Morgen hatte ich mich mit Sebastien Leseine und seiner Frau Jing Lu verabredet, die von Guangzhou aus Tee im Grosshandel nach Europa und nach Amerika verschicken. Wie wir haben sie langjährige Kontakte zu Teeproduzenten im ganzen Land sowie zu diversen Händlern in Fangcun, dem wahrscheinlich weltweit grössten Teemarkt überhaupt. Ihre Top-Tees reichen meines Erachtens nicht an unsere heran, aber sie sind für uns interessant als Direktlieferanten von guten, preisgünstigen Alltagstees sowie für die eine oder andere Spezialität. Bei ihnen sowie bei einem anderen chinesischen Grosshändler erhalten wir oft bessere und frischere Tees inklusive Informationen als bei europäischen Händlern. Wir haben bei Ihnen zuhause einige ihrer Tees degustiert, etwas gegessen und uns unterhalten, es ist immerhin einige Jahre her, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben.

Am Nachmittag war ich mit meinem Heicha-Kontakt im Teemarkt Fangcun verabredet, sie beide wollten dortselbst bei ihrem Fenghuang-Kontakt Holzkohle holen (zum Tee rösten und Grillieren!). Auf der Fahrt zum Teemarkt haben sie mich eingeladen, mit ihnen den Teeladen ihres Teemeisters zu besuchen. Also war ich nur kurz zu einem Tee bei meinem Heicha-Kontakt, ich würde am nächsten Tag wiederkommen.

Im Teeladen von meinem Heicha-Kontakt

Bai Liang Cha und die handlicheren Shi Liang ChaDer Laden meines Heicha-KontaktesStücke eines Bricks werden wir im Wasserkocher aufgekocht

Der Teemeister begutachtet auf der Länggasstee-Homepage das Foto unseres 1990er Pu Er Beim Teemeister haben wir einen (rohen) Sheng Pu Er von 1999 sowie einen im Bambusrohr gelagerten (fermentierten) Shou Pu Er getrunken. Interessant ist hier, dass dieser Teemeister und mit ihm auch seine beiden Schüler nicht viel halten von den heutigen Pu Er mit dem ganzen „Getue“ von alten Teebäumen von einem Ort bzw. Berg. Da gehen unsere Meinungen auseinander, ich habe mich jedoch nicht gross dazu geäussert, sondern mich interessiert gegeben (es interessiert mich auch wirklich) und Fragen gestellt. Man mag von den heutigen rohen Pu Er als alten Bäume halten, was man will; die Tees sprechen für sich. Auch bereits einige Jahre gelagerte haben sich extrem gut entwickelt, 2000 ist ja auch schon 16 Jahre her - im Länggasstee haben wir als ältesten Pu Er aus einzig alten Bäumen von einem Berg den Jingmaishan von 1999, also noch ein Jahr älter...Und der Vergleich mit ungefähr gleichaltrigen Tees von gemischter Herkunft ist frappant. Fakt ist (und das ist auch, was der Teemeister sagt, er sagt also nicht, dass diese „neue Mode“ an sich schlecht sei): Es fehlt die Erfahrung, vor allem mit langjähriger Lagerung von Tees aus (ausschliesslich) alten Teebäumen. Erst um das Jahr 2000 wurden die ersten nach Berg und Alter der Teebäume separierten Pu Er produziert, erst 2008 begann dieser Boom, vor 2008 hat zum Beispiel noch nie jemand von Laobanzhang auch nur gehört! Wir, also Länggasstee, haben 2006/2007 damit begonnen. Vorher war roher Pu Er immer von Bäumen verschiedenen Alters und unterschiedlichen Orten gemischt, es gab diverse Rezepturen. Und hiervon gibt es Erfahrung, es existieren viele alte und sehr alte gelagerte rohe Pu Er. Doch lange nicht alle alten, gelagerten Tees sind gut, im Gegenteil. Auch die hier getrunkenen würde ich selber nicht kaufen. Der Teemeister war aber ziemlich angetan von mir und wir haben uns ausgetaucht, über Pu Er, indische Tees und Anderes. Normalerweise schaue er nur zu und trinke Tee, rede sozusagen nichts. Er wollte dann auch wissen, welcher unser ältester Pu Er sei und wollte sich dann das Bild auf unserer Homepage ansehen, wo auf dem Foto des Cakes auch das Neifei zu sehen ist, also das mit dem Tee gepresste Gütesiegel. Unser Bian Jing Cha 1990 hat er für authentisch erklärt. Ein sehr spannender Nachmittag, ich werde mich mit Liping noch über deren Meinung zu den Pu Er aus alten Bäumen austauschen.

Im Laden des Teemeisters

Viele Teetrinker zu BesuchDer Teetisch mit Kalligrafien im HintergrundTee wird hier in der Provinz Guangdong oft ohne Chahai (Krüegli) direkt aus der Kanne in die Tassen gegossen

Bambuskorb mit dem traditionellen Liu Bao Cha Am 13. April bin ich bereits vor 10 Uhr morgens auf dem Teemarkt in Fangcun gewesen, allerdings nicht bei meinem Heicha-Kontakt. Guangzhou ist wohl das Zentrum für gelagerte Tees, die man besser hier sucht als bei den Teeproduzenten, denn die verkaufen die frischen Tees, die Händler lagern sie. In der Nachbarstadt Dongguan befinden sich riesige Pu-Er-Lager, die dortigen Händler sind für den anhaltenden Pu Er Boom und die damit zusammenhängenden Preisentwicklung mitverantwortlich. Besonders Läden mit Heicha hat es hier wie nirgendwo sonst. Heicha ist eine weiterhin existierende, sehr urchige Art der Teeverarbeitung. Die Tees aus normalerweise minderwertigem, günstigen Pflückgut werden zum Fermentieren aufgehäuft. Pu Er gehört auch in diese Kategorie, allerdings ist hier Pflückgut und Verarbeitung viel raffinierter geworden. Womit ich nicht sagen will, dass Heicha minderwertig sei oder in irgendwelcher Art nicht gut, im Gegenteil. Eine hochinteressante Sache ist das nämlich. Vor allem ist hier sehr viele alte Ware verfügbar, sogar aus den 50er und 60er Jahren, die allerdings teuer sind. Tees aus den 90ern und frühen 2000ern sind allerdings sehr billig zu haben – es gibt sozusagen keinen Markt dafür, und Verarbeitung und Pflückgut sind wie eben beschrieben nicht aufwendig.

Heicha in allen Formen und Farben

Körbchen mit Lu An ChaMit alten Propagandaplakaten tapezierte Körbchen mit Liu Bao ChaDiverse Bricks, vorallem Fu Zhuan ChaSäulen von Qian Liang Cha und Bai Liang ChaBricks in diversen Farben...Links ein Mongolisch beschrifteter Brick (oben links traditionell, sonst modern kyrillisch), in der Mitte auf Arabisch (wohl für nach Xinjiang), rechts der altbekannte Schwarztee-Dekorations-Brick

Nun, hier habe ich ein Heicha-Paradies zu meinem Gaumen! Hier gibt es alles, die klassischen Heicha in diversesten Formen aus Anhua in der Provinz Hunan (Qian Liang Cha, Fu Cha, Tian Jian), aus der Provinz Hubei (Chuan Zi Lao Qing), aus Ya’an in der Provinz Sichuan (Zang Cha), aus Huangshan in der Provinz Anhui (Lu An Cha), aus Liubao in der Provinz Guangxi (Liu Bao Cha) und wohl noch mehr. Da diese Tees traditionellerweise exportiert wurden, in die „barbarischen“ Gegenden der Nomadenvölker, also nach Tibet, in die Mongolei, nach Xinjiang, sind die Verpackungen oft in verschiedenen Sprachen beschriftet. Die Verpackungseinheiten sind zum Teil riesig, ein Brick etwa zu 1.7kg ist ganz normal. Ich habe diverse Heicha degustiert, hier alle im Gaiwan zubereitet. Dabei habe ich sehr viel Wissen bestätigt bekommen und auch Neues gelernt, so zum Beispiel dass Liu Bao Cha klassischerweise in einer Höhle (bzw. einem) Loch im Berg zum Fermentieren aufgehäuft wird, der höheren Feuchtigkeit wegen. Kommt daher die europäische Legende, Pu Er würde im Boden vergraben zum fermentieren/lagern? Es war natürlich verlockend, gleich den ganzen Laden aufzukaufen...ich habe mich mit insgesamt knapp 40kg begnügt. Die Tees habe ich der Einfachheit halber zu meinen Freunden im Teemarkt in Beijing geschickt, von dort werden sie dann nach Bern gesendet und noch einige Jährchen gelagert.

Degustationen im neuen Heicha-Laden

Zwei verschiedene Liu Bao Cha im trockenen BlattDie beiden Liu Bao Cha, aufgegossenes BlattZwei Lu An Cha in ihrem KörbchenDie beiden Lu An Cha im AufgussTian Jian, ein geräucherter HeichaBrick eines Zang Cha, für den Export nach Tibet

Am Nachmittag habe ich dann meinen Heicha-Kontakt aufgesucht und weiterdegustiert. Abgesehen von Liu Bao Cha und Lu An Cha, die beide lose bzw. leicht gepresst in aus Bambusblatt geflochtenen Körbchen verpackt sind bereitet er die Heicha in der gekochten Variante zu: Ein Stück des Bricks wird abgebrochen (mit einem unseren Brieföffner ähnlichen Pu-Er-Messer oder mit einer Heckenschere!) und dann im Wasserkocher aufgekocht, was diese aus grossen Blättern und Stengel verarbeiteten gepressten Heicha intensiver und dichter werden lässt als die Aufguss- Variante. Zum Schluss haben wir dann noch einen Sheng Pu Er Brick von 1993 im Aufguss und einen Lao Huang Ye Brick aus den 70er Jahren aufgekocht getrunken. Von letzteren beiden werde ich Muster erhalten. Gekauft habe ich die gleichen Tees wie bisher, zum Glück hat er noch an Lager, total gut 15kg. Er wird sie dann zusammen mit den Mustern direkt nach Bern schicken. So habe ich also von 10 Uhr morgens bis 5 Uhr nachmittags durchgetrunken, nur Heicha. Zum Abendessen war ich bei Seb und Camille (so der europäische Name von Jing Lu) eingeladen.

Degustation bei meinem Heicha-Kontakt

In der abgeschlossenen Glasvitrine sind die 40-, 50jährigen Bricks ausgestelltEin Fu Cha aus den 70er Jahren (aus der Vitrine)Auch dieser Tee wird aufgekocht

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