Reisebericht: Nilgiri, November 2019
In unserem Schwarzteesortiment führen wir den Nilgiri Kairbetta als sogenannten „Flugtee“, der direkt nach der Ernte und Verarbeitung per Flugfracht exportiert wird, um möglichst frisch getrunken zu werden. Der Nilgiri Kairbetta zählt zu unseren persönlichen Lieblings-Schwarztees und so führte uns unserer Reise im November 2019 nach Südindien, wo wir die Gelegenheit hatten, die beiden Teeplantagen Kairbetta und Havukal persönlich zu besuchen und mit den beiden Plantagenbesitzern über Tee Anbau und Teeverarbeitung zu diskutieren.
Die Nilgiri Bluemountains sind ein Hochgebirge im Südwesten Indiens und gehören zu den Bundesstaaten Karnataka, Tamil Nadu und Kerala. Eine der ältesten Gebirgseisenbahnen Indiens, die „Nilgiri Mountain Railway“ führt zu den riesigen Teefeldern, die unter den Engländern im 18. Jahrhundert angelegt wurden. In Höhenlagen zwischen 800 und 2200 m.ü.M. existieren rund 20‘000 Teegärten. Die Fahrt in dieses Teegebiet mit der einzigen Zahnradbahn Indiens, welche 1899 von den Engländern nach den Plänen des Schweizers Niklaus Riggenbach fertiggestellt wurde, zählt zu den besonderen Erlebnissen einer Südindienreise.
Im gesamten Teeanbaugebiet des Nilgiri Gebirges werden ertragsreiche Kreuzungs-varietäten von Camellia sinensis x Camellia assamica verwendet. Im tropisch feuchten Regenwald-Hügelklima treiben die Tee-Kamelien während des ganzen Jahres junge Blätter aus und es kann rund ums Jahr Tee geerntet werden. Von einem „Firstflush“ Tee zu sprechen ist in dieser Region deshalb kaum möglich.
Der grösste Teil der Teeproduktion Südindiens wird zu CTC Schwarztee (CTC = Crush, Tear, Curl) verarbeitet. Einzelne Teefabriken verarbeiten ihren Tee aber noch nach der klassischen, orthodoxen Methode zu Schwarztee, so wie die beiden Plantagen von Kairbetta und Havukal. Diese beiden Teeplantagen liegen in Kotagiri, etwa 25 km von der Stadt Conoor im Bundesstaat Tamil Nadu entfernt auf einer Höhe von 1’400 – 1'800 m.ü.M. Beide Plantagen mit einer Grösse von rund 40 ha, sind seit der Übernahme von den Engländern im Jahre 1957 in indischem Familienbesitz und arbeiten eng zusammen. Die ursprünglichen Camellia assamica Pflanzen wurden nach der Übernahme sukzessive durch den Klon CR-6017 ersetzt, welcher besser ans Klima der Nilgiri Mountains angepasst ist und höhere Erträge gibt. In beiden Teeplantagen wird grosser Wert auf eine Integration der Teegärten in eine möglichst intakte Natur mit unberührten Wald-abschnitten und Blumenwiesen gelegt. So können in den Teeplantagen immer wieder die Spuren von Wildtieren, wie Bären, Affen und Elefanten angetroffen werden.
Der Umstellung auf eine möglichst nachhaltige und umweltgerechte Teeproduktion wird grosse Bedeutung zugemessen. So hat die Havukal Plantage in eine riesige Kompostieranlage zur Düngung der Teepflanzen investiert. Daneben sind beide Plantagen für ihre sozial fortschrittlichen Arbeitsbedingungen für ihre Teepflückerinnen und Arbeiter bekannt. Kinder unter 18 Jahren werden nicht eingestellt. Die Unterkünfte heben sich deutlich von den sonst sehr primitiven und kleinen Unterkünften der Teepflückerinnen ab. Schulen und Gesundheitsversorgung sind frei und von überdurchschnittlicher Qualität. Dank der Initiative und Unterstützung der Havukal Familie, wurde zudem eine Schule für Kinder mit speziellen Bedürfnissen in der Region eingerichtet.
Die Kinder der Teepflücker-Familien sind gut ausgebildet und finden dadurch bessere Anstellungen ausserhalb den Teeplantagen. Neue Teepflückerinnen aus der Region zu rekrutieren wird zunehmend schwieriger und so wird auf eine zunehmende Mechanisierung für die Teeernte gesetzt. Wurde früher noch aller Tee von Hand gepflückt, werden die jungen Teeblätter heute vorwiegend mit Scheren geschnitten. 10-20 Mal mehr Tee kann so geerntet werden. Aber bereits gibt es auf der Havukal Plantage erste Versuche mit japanischen Erntemaschinen um Arbeitskräfte einsparen zu können.
Beide Teeplantagen verfügen über eigene, sehr sauber geführte Teeverarbeitungsfabriken, in welchen auch Tee von kleineren, privaten Teeplantagen aus der Nachbarschaft verarbeitet wird.
Der Nilgiri Kairbetta First Flush ist ein Spezialitäten-Tee, von welchem nur kleine Mengen hergestellt werden. Er wird in Nilgiri als sogenannter «Frost Tea» bezeichnet, weil er an den kältesten Tagen des Jahres, meist im Januar, wenn die frühen Morgentemperaturen bei 2-4° C liegen, noch vor Sonnenaufgang geerntet wird. Ähnlich dem First Flush Tee im Frühling in Darjeeling, wachsen die jungen Teeblätter bei den kalten Temperaturen im Januar etwas langsamer und lagern so mehr Inhaltsstoffe im Teeblatt ein. Dieser «Frost Tea» wird von Hand geerntet, nur die Blattknospen und die feinsten Blätter werden dabei gepflückt und zu diesem speziellen Schwarztee verarbeitet, der möglichst frisch nach der Verarbeitung genossen wird und durch seinen feinen, frischen, prickelnden Geschmack gekennzeichnet ist. Jedes Jahr ist dieser Tee im Geschmack wieder etwas anders, abhängig von den äusseren Bedingungen zum Zeitpunkt der Teeernte. Im Jahr 2019 war die Qualität des Frost Tees einmalig gut und wir sind gespannt, ob eine Wiederholung dieser Qualität auch in diesem Jahr möglich ist.
Corinne & Tobias Denzler.