Meister Chen hatte angeboten, uns am 22. April nach Pinglin und Muzha mitzunehmen, zwei Teegebiete südöstlich von Taibei. Er hat am Vormittag zuerst Menglin und dann mich abgeholt, dann sind wir zusammen nach Pinglin hinaus gefahren. Dort wollten wir verschiedene Produzenten von Bao Zhong aufsuchen. Dies war leider nicht sehr ergiebig, da die im Moment produzierten Tees nicht wirklich gut waren. Auch hier ist die Ernte aufgrund des Wetters verspätet, so dass ohnehin noch kaum frische Tees produziert wurden. Der Bao Zhong beim ersten Teebauern war viel zu grün, also viel zu wenig oxidiert. Wie auch vielerorts in China ist das der liebe Markt, der das verlangt: die Kunden wollen möglichst früh frische und möglichst leichte, grüne Tees. Diese sind aber einfach nicht gut, werden schnell adstringierend und sind eben viel zu grün. Bao Zhong sollte ein Oolong sein! Wir sind dann bald weitergegangen zu einem anderen Teebauern. Dessen Tee war etwas besser, aber noch immer nicht gut. Dieselbe Problematik in etwas abgeschwächter Form. Dann hat es leider zu regnen begonnen und wir sind erst einmal zum Mittagessen gegangen. Der Regen hat dann kurz aufgehört, so dass wir unterwegs aussteigen und einen Teegarten mit Teepflanzen der Varietät Fo Shou (Buddha’s Hand) anschauen konnten.





Danach sind wir nach Muzha gefahren, wo der taiwanesische Tie Guan Yin angebaut wird. Leider sind die Tieguanyin-Pflanzen noch gar nicht pflückbereit. Wir haben dann einen Teebauern besucht, der gerade Shui Xian verarbeitet. Wir haben das oxiderende Blattgut sowie das Befeuern und das erste Rollen gesehen. Danach würde der Tee zu Kugelblatt-Oolong verarbeitet. Wir haben den halbfertigen Shui Xian degustiert, der leider etwas zuwenig gewelkt worden war. Am Vortag wurde hier ein Huang Jin Gui produziert, der ziemlich gut war. Zum Schluss wurde uns noch ein Dong Pian Huang Jin Gui präsentiert, also ein Tee der Winterernte. Auch dieser war nicht schlecht.



Da es immer wieder geregnet hat, haben wir beschlossen, nach Taibei zurückzufahren. Im Laden von Meister Chen haben wir dann noch den von mir vor zwei Tagen bei Wang De Chuan gekauften Tie Guan Yin untersucht und mit Tees von Meister Chen verglichen, vor allem zum Lernen und Verstehen. Zum Vergleichen hatten wir einen holzkohlegerösteten An Xi Tie Guan Yin, einen ebenfalls holzkohlegerösteten Li Shan High Mountain Tie Guan Yin sowie einen echten, ofengerösteten Mu Zha Tie Guan Yin. Der Tee von Wang De Chuan, der mir als holzkohlegerösteter Tie Guan Yin aus Muzha verkauft wurde, kommt höchstwahrscheinlich aus Anxi, eben nicht aus Muzha. Vergleichende Degustationen sind in solchen Dingen sehr hilfreich! Zudem haben wir gesehen, dass dieser Tee nicht gut gewelkt wurde, wahrscheinlich zu hoch aufgeschichtet, denn die Blätter sind sehr unterschiedlich gewelkt und damit verschieden stark oxidiert worden, das Blattgut ist nicht uniform.

Weiter haben wir noch einige Dinge für mich organisiert, so dass ich am nächsten Tag nach Mingjian fahren werden kann. Meister Chen kann leider nicht mitkommen, da er jeden Abend Teekurse leitet. Sein Bruder, der in Mingjian den Teegarten der Chens betreut, wird mich jedoch in Empfang nehmen.