Reisebericht: Wuyishan, 13. - 15. April 2014
Nach einer zehnstündigen Fahrt im Nachtzug von Shanghai nach Shenzhen bin ich am 13. April um halb 6 Uhr morgens in Wuyishan angekommen, wo ich vom vortags telefonisch anvisierten persönlichen Taxifahrer abgeholt und zum Hotel gefahren worden bin. Weil die Taxifahrer hier ihre Taxameter nicht brauchen und immer viel zu hohe Preise verlangen, hat es gewisse Vorteile wenn man einen kennt. Meiner ist schon soweit, dass ich als Freund gelte und ich ihm des selber bestimmt Fahrgeld aufzwingen muss. Gleichentags am Abend würde mein Bruder Lukas Lange mit seiner Reisegruppe hier eintreffen, also teilen wir uns wiedermal ein Zimmer.
Nach einer Erfrischungsdusche hat mich dann mein Taxifahrer zu einem unserer Lieferanten hier in Wuyishan gefahren (er ist übrigens irgendwie verwandt mit ihnen). Ihr Domizil ist Wohnhaus und Teefabrik und Teeladen (für Grosshandel sowie für Touristen). Dieses Jahr will ich eigentlich keine Tees kaufen - (für die hiesigen Schwarztees ist gerade Erntezeit, die Wuyi Rock Tea werden erst Anfang Mai geerntet und verarbeitet, im Sommer ein zweites Mal geröstet, im Winter/Frühling unter Umständen ein drittes Mal geröstet) – dieses Jahr will ich einmal mehr einen Schritt weiterkommen und Wuyi Rock Tea lernen, weil wie gehabt, je mehr man weiss, desto mehr weiss man, was man nicht weiss etc. Das heisst verschiedene Lieferanten besuchen, Tee trinken, Tee degustieren, Muster mitnehmen, in Ruhe vergleichen...
Verschiedene Wu Yi Rock Tea zum Degustieren und Vergleichen in der Teefabrik (und Teeladen und Haus) von einem unserer Lieferanten in Wuyishan:
Nach dem Mittagessen (das für alle MitarbeiterInnen und Familienangehörigen und Gast-Kunden in der grossen Küche stattfindet) bin ich dann zu einem unserer ersten hiesigen Kontakte gefahren, wo ich schon einige Jahre nicht mehr war. Der General Manager war gerade nicht da (sondern im Mittagsschlaf), aber die Teefräuleins haben mir selbstverständlich diverse Tees zubereitet. Ebenso wie beim anderen Lieferanten waren hier viele Top-Qualitäten bereits ausverkauft, vor allem Tie Luo Han, Shui Jin Gui und Bai Ji Guan, die drei schwierigsten und interessantesten. Verschiedene Shui Xian, Rou Gui und ein sehr schöner Ban Tian Yao (den mir der mittlerweile aufgetauchte General Manager, der mich natürlich noch kennt) waren allerdings noch da. In zu diesem übrigens sehr schönen Teeladen gehörigen Teefabrik werden die Tees nicht mehr traditionell auf Holzkohle, sondern im elektrischen Ofen geröstet, was immer mehr üblich wird. Die meisten hier wurden sehr stark geröstet, sind allerdings gut verarbeitet inkl. geröstet und bleiben rund, weich und ausgeprägt. Hier habe ich mir weitere Muster geben lassen und bin dann zum Hotel zurückgegangen. Zum Abendessen bin ich erneut zum oben beschriebenen Lieferanten eingeladen worden, inkl. abholen und zurückbringen…
Am 15. April, nach einem relativ späten Nudelsuppe-Frühstück, wollte ich die verschiedenen Muster in Ruhe allein degustieren und vergleichen. In der Hotellobby hat sich ein Teeladen eingerichtet, verschiedene Teetische, wunderschöne Verpackungen. Dort habe ich mich frech eingemietet (also ich habe natürlich nett gefragt), und nachdem der Chef mit dem chinesisch sprechenden Tee trinkenden Ausländer noch etwas plaudern durfte, konnte ich endlich anfangen. Einmal mehr Tee degustieren bis kurz vor dem Verhungern, nicht ganz so schlimm wie anderntags in Shanghai allerdings.
Den halben Nachmittag habe ich dann bei einem weiteren Lieferanten verbracht wo wir allerdings bis jetzt nicht viel gekauft hatten, aber vor allem den sagenhaften 1990er Da Hong Pao. Dieses Jahr wollte ich zum Lernen und Vergleichen, zum einen Geschmacks-Standard zu haben, seine Tees durchtrinken. Er ist bekannt für gute, klassische Tees, die in seiner Fabrik aus Pflückgut von seinem Teegärten (übrigens allesamt bio) verarbeitet werden und dann von ihm persönlich gemischt werden. Gemischt, das heisst in diesem Fall nicht à la English Breakfast, sondern verschiedene Partien z.B. eines Rou Gui dann zum fertigen Tee Rou Gui zusammenmischen. Sein Name garantiert die Qualität seiner Marke. Hier habe ich sogar die oben genannten klassischen, aber schwierigen Tees gefunden (also Tie Luo Han, Shui Jin Gui und Bai Ji Guan) sowie etliche andere. Alle Tees haben mich ziemlich überzeugt, auch hier habe ich Muster mitgenommen, allerdings etwas grössere und gegen Bezahlung. Auch dieses Teehaus ist übrigens sehr schön, klassisch und mit Stil, eingerichtet. Abendessen dann erneut wie am Vortag, dazu noch einige Tees.
Weiteres Teedegustieren in Wuyishan:
Das Frühstück des 15. April bestand zur Abwechslung aus Baozi, gefüllte gedämpfte Reisbrötchen. Nach einem gemütlichen Tee im Hotelzimmer habe ich alle Muster und diverse andere Sachen zusammengepackt, um sie zur Post zu bringen. Mein Taxifahrer war anderweitig beschäftigt, er hat mir jedoch einen Kollegen geschickt. Auf der Post dann alles ohne Probleme, ausnahmsweise ohne das sonstige Trara von „geht nicht“ oder „hat’s nicht“ oder was auch immer. Zum Abschluss bin ich nochmal zu unserem ersten Lieferanten zum Tee trinken gegangen, noch einmal Mittagessen und Abschied nehmen. In ca. einer Woche fangen sie an, die Wuyi Rock Tea zu ernten und zu verarbeiten; nach der zweiten Röstung Anfang Herbst wollen sie mir Muster schicken, sie würden hart arbeiten, um sehr gute Tees zu produzieren. Wir werden sehen. Ich wurde dann zum Hotel zurückgefahren, wo ich mein Gepäck abholte und dann zum Busbahnhof gleich nebenan gegangen bin. Von dort machte ich mich auf die zweistündige Reise nach Zhenghe.