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Teegeschichte 26

Meine erste Teeerinnerung ist mit meiner Grossmutter verbunden. Es ist Sommer. Das kleine dunkelbraune Holzhaus riecht gut, weil die Sonne es aufgewärmt hat. Vor dem Haus ein kleiner Garten wo die Minze üppig aus dem Boden schiesst. Mein Bruder und ich kochen Grassuppe und während wir versunken im Pfännchen rühren kommt Grossmueti mit zwei Gläsern zuckersüssen Minzentees um die Hausecke, wir riechen das Glück schon bevor wir es sehen.
Erst viel später lerne ich, dass die Minze ein Kräuteraufguss ist und mit Tee in dem Sinn nichts zu tun hat. Meine erste eigene Wohnung beziehe ich anfangs der neunziger Jahre mit meiner Freundin in der Länggasse. Bei der Erforschung des Quartiers stosse ich auf einen geheimnisvollen Laden mit einer hölzernen Wendeltreppe. Ich wüsste gerne wo sie hinführt, lasse mich aber sofort ablenken von den deckenhohen Regalen voller Apothekergläser – eine Zeitreise. Wo soll man da beginnen? Ich lasse mir erst mal eine Teeliste mitgeben, damit ich zu Hause in Ruhe studieren kann was sich hinter den exotischen Namen verbirgt.
Der weisse Tee muss für Königinnen sein. Mit dem Wissen, dass ich selber keine bin und dem Wunsch eine zu werden wähle ich den Bai Mu Dan.
Für mich ist er lange Zeit der köstlichste Zaubertee, weil sich das Königinnen Gefühl beim ersten Schluck automatisch einstellt und nach dem letzten immer noch eine Weile nachhallt.



Nadja Stoller
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