Am 9. April habe ich mich von Liping, Sanmao und Xiuru verabschiedet. Sie werden nach Shanghai zurückkehren und dort die bestellten Tees aus Sichuan und Yunnan sowie weitere Muster in Empfang nehmen. Mein Bruder Lukas hatte unterdessen seine erste Kundenteereise abgeschlossen und sollte dann morgens um 10 Uhr in Hangzhou landen; wir würden uns direkt am Ostbahnhof von Hangzhou treffen. Unser nächstes Ziel war Fuding, wohin wir mit dem Hochgeschwindigkeitszug fahren würden. Nach der Ankunft abends kurz nach 18 Uhr sind wir per Taxi zum neuen Teeladen unserer Kontakte hier gefahren. Sodann haben wir bereits einige frische Weisse Tees trinken können. Das Wetter ist auch hier übel, es regnet in Strömen.

Am 10. April sind wir nach dem Frühstück abgeholt worden. Nun ging es darum, für unsere Weissen Tees Silver Tips und White Needle frische Tees einzukaufen. Wie anderswo war auch hier das Wetter schwierig gewesen und es konnte weniger Tee geerntet werden. Die Tees werden jeweils am Morgen und am Nachmittag gepflückt und anschliessend sonnengewelkt, drinnen gewelkt und über Holzkohle endgetrocknet. Jede Ladung wird separat verpackt und angeschrieben, so hatten wir eine grosse Auswahl vor allem an Bai Hao Yin Zhen (für Silver Tips) zu degustieren; Bai Mu Dan (für White Needle) sind noch nicht viele produziert worden, dieser Tage hat es geregnet und somit werden keine Bai Mu Dan mehr produziert, die dann grossen Blätter werden später für einfachere Qualitäten verwendet werden. Ein grosses Problem bei den Weissen Tees ist die zu schnelle, moderne Verarbeitung, welche im Ergebnis sehr „grüne“, trockene, grasige Weisstees ergibt. Die Verarbeitung zu einem wirklichen, traditionellen Weisstee erfordert ein längeres Welken, was aber nicht so einfach zu bewerkstelligen ist. Schlussendlich haben wir einen sehr schönen Silver Tips ausdegustiert sowie einen ziemlich guten White Needle, der allerdings etwas teurer ist als derjenige der Vorjahre – spät gepflückte, günstige Bai Mu Dan werden dieses Jahr selten sein.

Degustation von Weissen Tees in Fuding



Neben dem Zentrum der Weissteeherstellung ist die Umgebung von Fuding auch die Heimat des Bai Lin Gong Fu, einer der einst ersten chinesischen Schwarztees. Dieser wird jedoch kaum mehr in traditioneller Art produziert, unter seinem Namen werden viele moderne, helle, süsse Schwarztees verkauft, die selten wirklich interessant sind und denen vor allem die ortstypische Note fehlt. Das Problem ist, dass die jungen Teebauern gar nicht mehr wissen, wie dieser Tee eigentlich verarbeitet wird. Wir haben Muster von drei verschiedenen Qualitäten eines Produzenten erhalten, die zwar nicht als traditioneller Gongfucha verarbeitet, aber gut produziert sind und sogar eigene, regionstypische Geschmacksnoten aufweisen. Die günstigeren beiden sind aus der Varietät Longjing Nr. 43 verarbeitet, die erste Qualität aus den lokalen, alten Sorten. Letztere haben wir gekauft, meiner Meinung nach unser bester Bai Lin Superior seit jeher. Unser Kontakt würde sich darum kümmern, zusammen mit dem Produzenten wirklich traditionellen Bai Lin Gong Fu zu produzieren. Mal sehen. Wir sind später noch zu zweit losgezogen, um in den anderen Teeläden hier nach Bai Lin Gong Fu zu suchen und haben alles Mögliche an sogenannten Bai Lin Gong Fu gesehen. Einer war wirklich ziemlich gut und in traditionellerer Art, davon habe ich mal ein Muster mitgenommen.

Degustation von Schwarztees für Bai Lin Superior



Am 11. April haben wir vormittags Paketschachteln auf der Post geholt, im Laden die Tees eingepackt, auf die Post gebracht und nach Bern abgeschickt. Zwischendurch haben wir noch weitere Tees degustiert, unter anderem den eigentlich bereits gekauften Silver Tips noch mal mit einem am Vorabend getrunkenen verglichen, der dann aber doch nicht an „unseren“ herankam. Am Nachmittag sind wir zum Bahnhof gefahren worden und haben uns verabschiedet. Lukas wird morgen in Shanghai die zweite Teereisegruppe in Empfang nehmen, ich habe mich auf den Weg nach Guangzhou gemacht.